1992 startete das Ponton European Media Art Lab ein einzigartiges Projekt: 100 Tage interaktives Fernsehen
direkt von der documenta 9 in Kassel. Die Piazza virtuale war das erste interaktive Live-Programm, das
durchgängig auf der Aktivität der Zuschauer aufbaute. Über 3sat, FAB (Fernsehen aus Berlin) und den
Olympus-Satelliten erreichte das Programm europaweit mehrere Millionen Menschen und gewann viele Fans.
Im In- und Ausland stieß die Piazza virtuale auf ein reges Medieninteresse: Ponton konnte während der
Sendephasen bis zu 100.000 Einwahlversuche pro Stunde verzeichnen.
Der Name für dieses Projekt ist der italienischen Piazza entliehen, dem einstigen Mittelpunkt des
städtischen Lebens. Früher traf man sich hier, um miteinander zu kommunizieren, zu reden, zu musizieren
und ähnliches mehr. Heute hat das gesellschaftliche Leben den Marktplatz von damals verlassen, der Mensch
von heute konsumiert seine gesellschaftlichen Informationen zumeist passiv über den Fernseher. Der
revolutionäre Ansatz der Piazza virtuale ist der Gedanke, den Fernsehbildschirm als Fenster zu einem
öffentlichen Marktplatz umzufunktionieren: Piazza virtuale - ein Ort der Begegnung.
Piazza virtuale - eine Revolution in der Fernsehwelt
Auf der Piazza virtuale steht Interaktivität für die Kommunikation zwischen Menschen und uneingeschränktes
Zugriffsrecht für den Zuschauer auf das Geschehen, genau das unterscheidet sie vom kommerziellen
Entwürfen für interaktive Formate. Der Fernseher diente erstmalig als öffentliches Forum
(lat. für Marktplatz), auf dem sich viele Menschen gleichzeitig austauschen konnten. Die Zuschauer
hatten die Möglichkeit, das Programm aktiv zu gestalten und ließen die Piazza dadurch zu einem
öffentlichen Kunstwerk werden.
Die Piazza virtuale war ein Schritt in Richtung Medienkunst der Zukunft: Interaktives Fernsehen als
Möglichkeit einer kollektiven Ausdrucksform. Die individuelle Entfaltung des Zuschauers stand im
Vordergrund. Fruchtbare Diskussionen über das Fernsehen oder die Entfaltung gemeinsamer künstlerischer
Virtuosität verband sich mit der Anschaulichkeit der interaktiven Prozesse für Zuschauer und Teilnehmer.
Die Oberfläche
Die Piazza virtuale präsentierte sich dem Zuschauer als computergesteuerte Fernsehoberfläche, auf der
Schrift, Bild, Video, Computeranimation, Ton und Musik gleichzeitig erscheinen konnten. Das
Oberflächendesign lenkte die Aufmerksamkeit primär auf den Fluß der Kommunikation.
Teilnahmemöglichkeiten
Zur Teilnahme benötigte man nur ein Telefon und den Fernseher: Von zuhause aus konnte man sich einfach
per Telefon einwählen und mit Mehrfrequenzwahlverfahren oder mittels einer Fernabfrage für Anrufbeantworter
im "Virtuellen Atelier" digitales Malen auf dem Fernsehbildschirm ausprobieren, im "Interaktiven Orchester"
zusammen den Marsch blasen, mit Hilfe einer ferngesteuerten Robotkamera genannt "Muskart" durch das
Ponton-Studio spazieren oder an interaktiven Spielen wie "Sarah & Daniel" teilnehmen. Auch mit dem
Bildtelefon (Standbild oder ISDN) konnte man sich problemlos auf der Piazza umschauen. Im "Coffeehouse"
konnten Diskussionen simultan zwischen Telefon- Modem- und Faxbenutzern geführt werden, und per Fax oder
Modem konnten Texte direkt auf den Marktplatz geschickt werden.
Hier finden Sie eine ausfürliche Beschreibung der Piazza virtuale Sendungen.
Eine Auswahl von Originalsounds aus den Piazza virtuale Sendungen.
Das Piazza-Team:
Konzept:
Karel Dudesek -
Benjamin Heidersberger -
Mike Hentz -
Salvatore Vanasco
Team:
Ali Altschaffel - Nicolas Anatol Baginsky -
Katharina Baumann - Tim Becker -
Julian Boyd - Kathrin Brinkmann - Wu San Chuan - Gérard Couty - Fritz Groß -
Daniel Haude - Jan Holthusen -
Kathy Rae Huffman - Cory McLeod - Kaspar Lüthi - Ole Lütjens -
Silke Mauritius - Laurence Maury - Jendo Neversil - Insa Riske - Holger Rix - Axel Roselius -
Hinnerk Schmidt - Karlheinz Schmidt - Dieter Sellin -
Ludwig Seyfarth - Sybille Steinfartz - Manuel Tessloff -
Michael Ulrich - Wolfgang Werner - Heinz Widmer - Laura Windrath - Sascha Windrath -
Christian Wolff - Katja Zapadlová - Andreas Zierdt